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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

DIE KRUPPS: Die Weichen werden gestellt

Als vor fast 40 Jahren aus der Punkformation Male eine Combo namens Die Krupps erwuchs, konnte wohl kaum jemand ahnen, welchen Impact dies auf die deutsche und internationale Musiklandschaft haben würde. Die Band um Jürgen Engler und Ralf Dörper hat Geschichte geschrieben, und besagte Geschichte wird dieser Tage mit dem neuen Langspieler Vision 2020 Vision fortgesetzt. Hierzu habe ich für die kommende Ausgabe #107 des SLAMMagazins eine Story geschrieben, und für diese ein ausführliches Email-Interview mit Jürgen Engler geführt. Der Mann hat eine Menge zu sagen, und alles, was es aus Platzgründen nicht ins Heft geschafft könnt ihr im folgenden Lesen!

Otti:
Beginnen wir mal mit einer ganz schwierigen Frage: Wie ist die Stimmung im Hause Die Krupps aktuell, so kurz vor der Veröffentlichung Eures neuen Albums?

Jürgen:
Eigentlich nicht besonders aufgeregt, sowas ist was für Newcomer. :) Ich bin auch nicht der Typ, der sich ständig informiert, wie die neue Scheibe aufgenommen und besprochen wird. Ich gehe das ganz gelassen an und schaue, was sich auf Tour tut. Da sind wir Leuten nahe, und beim Kontakt wird sich zeigen, wie der Funke überspringt. Ich freue mich drauf!

Die Krupps
"Ich muss ehrlich sagen, ich bin kein Typ, der sich an alte Tage erinnert, ich lebe heute."

Otti:
Vision 2020 Vision heißt die LP. Auf den Punkt gebracht: Was ist denn Deine Vision für das kommende Jahr?

Jürgen:
Das nächste Jahr wird wohl eine U.S.-Tour und hoffentlich mal wieder eine Japantour mit angeschlossener Australienrunde bringen. Das heißt, wir werden mehr im Ausland aktiv sein, denn wir sind ja dieses Jahr in Europa unterwegs, um das neue Album zu promoten.

Otti:
Beim Cover-Song The Carpet Crawlers geht ihr sehr ungewöhnliche, musikalische Wege. Warum klingt das Lied so, wie es klingt, und was hat Euch dazu bewogen, ein Genesis-Stück neu zu interpretieren?

Jürgen:
Ich habe schon seit ein paar Jahren nach einem Song gesucht, den man covern kann, und der Köpfe verdreht. Die Krupps machen ein Genesis-Cover??? Ja, aber aus der coolen Peter Gabriel Phase! Ich hatte nach einem Song gesucht, der eine ähnliche Wirkung erzielt wie Alive, sprich: Sich aufbaut bis zum Bombast und dazu eine düstere Stimmung hat, die zu uns passt. Ich erinnerte mich an ein Interview, das Peter Gabriel mal 1983 einem großen, englischen Magazin gegeben hatte, in dem er gefragt wurde, woher denn seine Industrial-Einflüsse auf seinem neuen Album Security kommen. Darauf hat er geantwortet, er habe viel Die Krupps Stahlwerksinfonie gehört! Da schloss sich für mich der Kreis. Daher dachte ich, wenn der Meister uns den Ritterschlag gab, revanchieren wir uns mit einem Cover seines Lieblings-Genesis-Tracks. So kam es dazu!

Otti:
Wenn man wie Ihr für einen bestimmten Sound bekannt ist und geliebt wird, wie schwierig ist es generell, da klanglich auszubrechen und andwere Wege auszuprobieren?

Jürgen:
Ist es, aber wir haben ja zum Glück ein Riesenfeld abgesteckt. Von der Stahlwerksinfonie, also Industrial pur, zu Volle Kraft voraus, also die Ursprünge des EBM, zu Industrial Metal haben wir eine große Bandbreite, die andere Bands sichrlich nicht haben. Das heißt, wir haben genügend Spielraum, uns auszutoben. So limitiert sind wir daher nicht. Allerdings gibt es natürlich einen typischen Krupps-Sound, und den möchte ich natürlich auch beibehalten, denn es gibt nichts schwierigeres, als einen Signature Sound zu kreieren.

Otti:
Generell hört man Vision 2020 Vision an, dass ihr - trotz all der Erfahrung - nicht festgefahren seid. Was hilft Euch dabei, Eure Musik "frisch" und "unverbraucht" zu gestalten und zu halten?

Jürgen:
Ich denke, es liegt daran, dass wir uns zum einen nie im Kreise drehen und uns selbst kopieren und zum anderen, dass wir nach wie vor eine Riesen-Spielfreude haben. Wir haben auch aktuell die beste Besetzung, die wir bis dato je hatten. Da macht es um so mehr Spaß, sich ins Geschehen zu stürzen und live zu spielen. Ich fühle mich auch keinen Tag älter als 35, und das spielt wohl auch mit rein, denn wenn man sich alt fühlt, ist es vorbei mit dem Rock´n´Roll. :)
Und da bin ich noch lange nicht!

Otti:
Ihr könnt mit Fug und Recht von Euch behaupten, dass ihr Vorreiter des modernen Industrial, der Neuen Deutschen Härte und natürlich auch des EBM in seiner heutigen Form seid und diese Stilrichtungen seit Dekaden entscheidend mit prägt. Wie bewusst bist Du Dir Eures Einflusses auf die musikalischen Subkulturen von heute?

Jürgen:
Absolut. Allerdings trage ich deswegen die Nase nicht hoch, aber ich freue mich schon darüber, dass wir gerade von der Konkurrenz, die ich allerdings nicht als solche sehe, mit großem Respekt behandelt werden, vor allem von der ausländischen. Sie sind alle von uns irgendwann beeinflusst worden und haben ihren Weg danach gesucht, und das wissen sie immer nochzu schätzen, und das ehrt mich.

Otti:
Lustigerweise habe ich vor einer Weile ein altes Buch aus den 80ern über die Neue Deutsche Welle gelesen, in dem Ihr (und auch Male) als Referenzen geführt und thematisiert wurdet. Welchen Bezug habt Ihr denn nun zu jener Musikrichtung?

Jürgen:
Eigentlich keinen. Ursprünglich war die NDW ja nichts weiteres, als ein von der Industrie erfundenes Genre, das eigentlich aus dem Untergrund kam, aber von denen zweckentfremdet und kommerzialisiert wurde. Wir haben nur eine Scheibe bei der Industrie gemacht, Volle Kraft voraus, und haben uns dann nach England abgesetzt, um all dem Zirkus zu entkommen. Der dann auch recht bald darauf vorbei war. Und wir haben überlebt. 99% der anderen nicht.

Otti:
Male habt Ihr zuletzt auch mal wieder ausgegraben und auf die Bühne geschickt. Wie war das, und was macht gefühlsmäßig den Unterschied zwischen einem Male-Gig und einem von Die Krupps aus?

Jürgen:
Male ist mein Herzblut, das ist wie bei Krupps, da gibts kein Ende. Die Shows liefen fantastisch! Im Dezember letzten Jahres kamen Die Toten Hosen komplett vorbei, Vom spielte ja auch Drums bei uns, und Campino ist für vier Nummern auf die Bühne gekommen! Die Gigs unterscheiden sich zu Krupps eigentlich nur darin, dass ich bei jedem Song Gitarre spiele. Die Energie ist sehr ähnlich, und die Songtitel auch. :)

Otti:
Wenn Du nun heute auf die Anfangszeit der Krupps zurück schaust, welche Wegbegleiter von damals sind geblieben, und was bedeuten Dir diese?

Jürgen:
Eigentlich nur Ralf, alle anderen gehen andere Wege heutzutage. Ich muss ehrlich sagen, ich bin kein Typ, der sich an alte Tage erinnert, ich lebe heute. Auch wenn es schöne Momente gab, aber die gibt es heute auch. Erst vor einer Woche zum Beispiel das Gothic meets Klassik Konzert, wo das Leipziger Symphonie Orchester unsere Songs gespielt hat und ich dazu gesungen habe. Das war definitiv ein Highlight. So weit erinnere ich mich gerne zurück! :)

Otti:
Im Moment gibt es so viele Missstände auf der Welt, vom Syrien-Konflikt, über die erneute Rodung des Regenwalds bis hin zum Fakt, dass der Hunger und Wasserknappheit immernoch viel zu viele Menschenleben kosten. Wie schaffst Du es, bei alledem nicht völlig kirre zu werden?

Jürgen:
Das wird alles verarbeitet in den Texten und das Gefühl musikalisch festgehalten. Ich denke, dass wir mit unserer Musik es da wesentlich einfacher haben, als der normale Mensch, sich mit solchen Dingen auseinander zu setzen. Der braucht dann ein Fußballspiel oder ein tägliches Workout, um das Gewaltpotential abzubauen. Das Problem habe ich nicht.

Otti:
Und aus Deiner Sicht: Welche Vor- und Nachteile birgt das digitale Zeitalter, wenn es um solche politischen und gesellschaftlichen Themen geht?

Jürgen:
Ich bin am Puls der Zeit, was essentiell für mich ist. Auf der anderen Seite kann natürlich die Gegenpropaganda ebenso schnell agieren, und ihr Gift verbreiten. Da muss man eben selektiv vorgehen. Die meisten Leuten nutzen das Netz aber eh nur für belanglose Dinge. Ich denken nicht, dass die Mehrheit es sinnvoll nutzt.

Otti:
So langsam steht ja nun auch Weihnachten vor der Tür. Zum Abschluss wüsste ich gerne: Welche materiellen oder immateriellen Güter stehen bei Dir ganz weit oben auf dem Weihnachtswunschzettel?

Jürgen:
Ich habe gar nichts auf dem Zettel, ich lasse mich überraschen. Ich werde das Jahr mit meiner Familie ausklingen lassen. Ich freue mich schon auf ein paar ruhige Tage, wo mich alle mal in Ruhe lassen. :) Und wenn ich Glück habe, ist Trump bis Weihnachten seines Amtes enthoben, dann wird eine Woche lang gefeiert! Ist wohl Wunschdenken, aber die die Weichen werden gerade gestellt!

www.diekrupps.com

Art des Interviews: Email
11/19/19 by Otti
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