Marie Cristen: Beginenfeuer

Wir schreiben den Anfang des 14. Jahrhunderts. Es ist die Zeit in der den Rittern des Templerordens der Prozess gemacht wird, eine Zeit in der die Kirche und die weltlichen Herrscher subtile Machtkämpfe austragen, in welche zahlreiche Menschen hineingezogen werden.
So gerät auch die Gemeinschaft der Beginen zwischen die Fronten. Diese bestehen aus Frauen aller Stände und Herkünfte, die sich zu religiösen Gruppen zusammengeschlossen haben, um keusch und arbeitsam dem Herrn zu dienen, ohne jedoch einem Orden oder einer anderen kirchlichen Institution anzugehören. Dass dies zu Konflikten führt, war nur eine Frage der Zeit. Den klerikalen Oberhäuptern ist diese "ketzerische" Lebensform freilich ein Dorn im Auge, und durch ihre wirtschaftliche Stärke bekommen die Beginen auch Probleme mit den handwerkenden und handelstreibenden Männern ihrer Zeit...
Im Beginenhof bei Brügge wächst die junge Ysée auf. Als Waise eines alten Adelsgeschlechts kann sie sich hier vor ihrer Vergangenheit verstecken... Doch dann stürzen die Probleme auf sie ein: Ein alter Witwer will sie mit allen Mitteln zur Ehe nötigen, sie selbst lernt zwei ungleiche Brüder kennen, und wird so in eine Gefühlsachterbahn gerissen, die sie und ihre Freunde tief in die politischen Geschehnisse hinein zieht.

Mit Beginenfeuer hat Autorin Marie Cristen geschickt historische Tatsachen und Fiktion zu einem packenden Historien-Roman verwoben, welcher die Ereignisse des frühen 14. Jahrhunderts mit persönlichen Schicksalen verknüpft, und so, wie im Genre üblich, Geschichte greifbar und verständlich vermittelt. Der politische Rahmen, die Ketzerprozesse gegen die Templer durch König Philipp IV. und die aufkommende Auflehnung gegen den Beginenstand sind tatsachengetreu (sofern das bei Überlieferungen möglich ist) wiedergegeben, während es sich bei den Hauptpersonen in Beginenfeuer natürlich um frei erfundene Schicksale handelt.

Glaubt man zunächst einen belanglosen Schnulzenroman vorgesetzt zu bekommen, wird man durch die Autorin schnell eines Besseren belehrt. Marie Cristen zeigt kompromisslos die Brutalität, wie auch die schönen Seiten des mittelalterlichen Lebens auf. Man spürt, wie stark der Einfluss der Kirche und der Adeligen auf das Leben jedes Einzelnen war, und wie das patriarchalische System es Frauen nahezu unmöglich machte, sich so zu entfalten wie es im emanzipierten 21. Jahrhundert für uns selbstverständlich ist. Durch glaubhafte und tiefgreifende Protagonisten, überraschende Handlungstwists und fundierte Grundlagen entsteht in Beginenfeuer ein lebendiges Mittelalter, welches mal überrascht, mal das eigene Wissen bestätigt und von vorne bis hinten an die Handlung fesselt. Nur ganz selten verspürt man als Hörer logische Ungereimtheiten, die aber durchaus auch aus subjektivem Empfinden herrühren können.
Beginenfeuer von Marie Cristen ist somit jedem ans Herz zu legen, der auf spannende Literatur und Hörbücher nicht verzichten mag - egal ob nun Interesse an der Historie vorhanden ist oder nicht.

Zur Sprecherin:

Vorgetragen wird Beginenfeuer in der Hörbuch-Variante von Sonngard Dressler. Die ausgebildete Schauspielerin hat neben zahlreichen Bühnenengagements einer Vielzahl an Hörbüchern, Werbespots und anderen medialen Veröffentlichungen ihre Stimme verliehen, und selbst 2 Jugendromane verfasst.
Auffällig ist bei der Vertonung von Beginenfeuer ihre angenehme, unaufdringliche Stimme. Mit der Intonation einer erfahrenen Geschichtenerzählerin schafft sie es, den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Im Gegensatz zu manchen Kollegen fällt zwar auf, dass sie den verschiedenen Figuren kaum unterschiedliche Stimmfarben auferlegt, davon abgesehen aber wirkt ihre Erzählweise lebendig, warm und zugleich professionell.

Ausstattung: 6 CDs
Sprecherin: Sonngard Dressler
Verlag: AME Hören
Vertrieb: Lighthouse Home Entertainment (www.lighthouse-kg.com)
Spieldauer: ca. 458 Min